Beziehungen lassen sich schlecht digitalisieren
Beziehungen – jedes Unternehmen lebt von guter Zusammenarbeit innerhalb der Belegschaft und mit Kunden. Ist das auch auf digitalem Weg möglich? Wir sprachen darüber mit Dr. Catharina Stahn vom ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. Düsseldorf.
Wie wirkt sich die Digitalisierung vieler Kommunikationsvorgänge auf das Zwischenmenschliche aus?
Stahn: Die digitale Zusammenarbeit spart Zeit und Kosten, die sonst etwa in Reisen fließen würden. Allerdings fordern digitale Kommunikationsformate wesentlich mehr Eigeninitiative und Verantwortung von den Beteiligten.
Inwiefern? Könnten Sie dafür bitte ein Beispiel nennen?
Stahn: Nehmen wir mal an, ein Team, das überwiegend virtuell arbeitet, soll eine neue Kollegin oder einen neuen Kollegen integrieren. Es fehlen der gegenseitige Pausenbesuch am Arbeitsplatz und der kleine Smalltalk in der Kaffeeküche über das letzte Wochenende. Die Frage ist, wie sich dennoch über Zoom, Teams und andere Tools eine persönliche Beziehung herstellen lässt.
Also sind in erster Linie die Führungskräfte gefragt?
Stahn: Ja genau, denn es gibt bei der Arbeitsorganisation kein Patentrezept. Statt alle Kommunikations- und Abstimmungsgänge dauerhaft zu digitalisieren, bin ich eher für hybride Lösungen. Es muss individuell geprüft und entschieden werden, wann persönliche Treffen sinnvoll und machbar sind. Das betrifft den Umgang mit neuen Beschäftigten ebenso wie den Kundenkontakt.
Inwieweit spielt es eine Rolle bei digitaler Kommunikation, ob sich Personen bereits persönlich kennen gelernt haben?
Stahn: Wenn Sie einem Menschen bereits begegnet sind, können Sie ihn besser einschätzen, als wenn Sie nur ein verschwommenes Videobild von ihm sehen. Bei einer direkten Begegnung werden auch nonverbale Signale ausgetauscht wie das Erscheinungsbild, Mimik, Gestik, Körperhaltung, Klang und Tonfall der Stimme oder sogar der Geruch. Das fehlt auf digitalem Weg. Deshalb empfehle ich gerade im Anfangsstadium von Beziehungen persönliche Treffen. Auf dieser Basis kann dann gut digital aufgebaut werden.
Gibt es Situationen, in denen ein rein digitaler Austausch ungeeignet ist?
Stahn: Bei Konflikten beispielsweise ist es besser, einander direkt in die Augen zu schauen und miteinander zu reden. So lässt sich die Sache am besten aus dem Weg zu räumen. Rein digital ist das schwierig. Das trifft auch auf Termine zu, in denen Kreativität gefragt ist wie beispielsweise Brainstormings.
(Interview: Dr. Birgit Lutzer )
Dr. Catharina Stahn, Jahrgang 1979, studierte Psychologie an der Ruhr-Universität Bochum. Sie promovierte an der TU Dortmund zum Thema Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit bei älteren Arbeitnehmern in der Automobilbranche. Nach ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Ruhr-Universität Bochum arbeitete sie bei RWE im Kompetenzzentrum Betriebliches Gesundheitsmanagement. Seit 2014 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am ifaa - Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. beschäftigt und arbeitet an den Themen Arbeits- und Gesundheitsschutz, psychische Gesundheit sowie Betriebliche Gesundheitsförderung und Betriebliches Gesundheitsmanagement.
Kontakt und weitere Infos:
Dr. Catharina Stahn
- Wissenschaftliche Mitarbeiterin -
Fachbereich Arbeits- und Leistungsfähigkeit
ifaa - Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V.
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